Die Familiendynamik bei
Bulimie und Binge Eating.
Die Familiendynamik, die fast immer zu schweren oder – mit viel Glück – weniger schweren Formen von Essstörungen führt, ist folgende:
Es gibt zwei Elternteile, die widersprüchliche Ansichten über Selbstkontrolle und Körpergewicht haben. Bei allein erziehenden Eltern kann der zweite „Elternteil“ ein Lehrer:in, Trainer:in oder Ausbilder:in sein.
Ein Elternteil vertritt rigide die Schönheitsnorm. Meistens ist es der Vater, manchmal auch die Mutter. Dieser Elternteil verlangt bewusste Anstrengung, willentliche Kontrolle, ermuntert die Tochter oder den Sohn mit viel Kritik, sich endlich „zusammenzureißen“. Das ist der bestrafende Elternteil.
Das Kind wird für das Essen verachtet und bestraft. Im Kind, das diese Forderung internalisiert, entsteht ein sehr starres Über-Ich, Sohn oder Tochter empfinden eine enorme Scham, wenn sie bei dieser Willensanstrengung versagen.
Der andere Elternteil belohnt mit Essen, kauft Eis, kauft Kuchen, kocht aufwendig und kalorienreich und ermuntert das Kind, mit ihm oder ihr zu essen. Das Kind bekommt Eis für gute Noten, Schokolade für Stress, Milchshake als Trost fürs Sitzenbleiben und einen Burger für die Versetzung. Zum Geburtstag wird gemeinsam Kuchen gebacken.
Das Kind wird von diesem Elternteil (manchmal auch von der Großmutter) mit und für Essen geliebt und belohnt.
Meistens ist dieser belohnende Elternteil die Mutter, es kann aber auch der Vater oder eine andere wichtige Bezugsperson sein.
Wichtig ist, dass das Kind gleichzeitig zwei unvereinbare Anforderungen erlebt: Es wird sowohl rigide Kontrolle („Diät“) gefordert und bei Versagen entsprechend bestraft.
Als auch für das Essen entsprechend belohnt.
Das Gehirn ist nicht in der Lage, beides gleichzeitig zu erleben und zu verarbeiten und reagiert darauf:
Erst essen, dann erbrechen.
Denn im Konflikt zwischen „Wille und Kognition“ und „Emotion“ gewinnt immer und ausnahmslos die Emotion.
Was hilft, ist Aufklärung und Hypnose.
Und dann kann es ganz schnell gehen.
Ohne Gewichtszunahme.
Missverständnis Bulimie
Ein Buch von Inke Jochims
Ein neurowissenschaftlicher Durchbruch, die so genannte „Netzwerktheorie“, hat endgültig bewiesen, worauf Bulimie und Binge Eating beruhen.
Es handelt sich um die Überaktivität eines bestimmten Netzwerks im Gehirn, das als „Default Mode Network“ bezeichnet wird.
Bulimie und/oder Binge Eating haben absolut NICHTS mit Schönheitsidealen oder gezügeltem Essverhalten zu tun.
Wenn dieses Netzwerk überaktiv wird, kommt es zu verschiedenen Formen problematischen Erlebens und Verhaltens, zu Ängsten, Depressionen, Selbstzweifeln und eben auch zu einem entgleisten Essverhalten.
Überaktiv wird dieses Netzwerk unter anderem nach erlebten Traumata.
Glücklicherweise hat der gleiche Durchbruch auch gezeigt, wie traumatische Erlebnisse schneller und leichter überwunden werden können.
Dann kann ein neues Essverhalten erlernt werden.
In diesem Buch beschreibe ich genau, warum und wie die hier beschriebene Dynamik in die Essstörung führen „muss“, aus biologischen Gründen geradezu „muss“ und wie man aus dieser Falle schnell wieder herauskommt.